Das Robert-Schumann-Haus informiert:
Robert-Schumann-Haus Zwickau eröffnet erweiterte und modernisierte Dauerausstellung
Die Begegnung mit dem Leben und Werk Robert und Clara Schumanns wird in Zwickau künftig noch eindrucksvoller: Im Robert-Schumann-Haus, das die weltweit größte Sammlung an Originaldokumenten und –portraits des Künstlerehepaares beherbergt, können Besucher künftig an einem Apparat aus dem 19. Jahrhundert mit Clara Schumann telefonieren. Ein spezielles Stereoskop eröffnet plötzlich den Blick auf den in seinem Geburtszimmer wandelnden erwachsenen Robert. In Schubladen geben multimedial aufbereitete Inhalte spannende Aus- und Einblicke und an einem historischen Tafelklavier spielen auch Laien „Von fremden Ländern und Menschen“. Diese und weitere Neuheiten werden ermöglicht in der Verknüpfung von Innovationen des 19. und des 21. Jahrhunderts, zum Einsatz kommen KI und Augmented Reality.
Die erweitere Dauerausstellung wird offiziell am kommenden Sonntag, dem 1. Juni um 16 Uhr eröffnet. Dann können Besucher auch ihre Smartphones als Audioguides benutzen oder einige Neuerwerbungen bewundern, wie beispielsweise ein Tafelklavier aus der Instrumentenhandlung von Friedrich Wieck oder einen Siegelstempel Clara Schumanns. Die Umgestaltung wurde ermöglicht durch die Förderung durch den Bund, den Kulturraum sowie die Robert-Schumann-Gesellschaft Zwickau e.V.
Die Erweiterung war eine Herausforderung, denn bei dem Museum stehen nicht nur das Gebäude selbst, sondern ebenso die Inneneinrichtung der Ausstellung unter Denkmalschutz. Die erneuerte Dauerausstellung, die in acht Räumen mit mehr als 350 Exponaten durch Leben und Werk Robert und Clara Schumanns führt, schlägt damit Brücken zwischen einst und jetzt, denn auch die Zeit Robert und Clara Schumanns war das Zeitalter der industriellen Revolution und brachte eine Fülle technischer Erfindungen, die das Leben veränderten. Das Konzept der Überarbeitung orientiert sich daran: Die neue Technik ist nicht Selbstzweck, sondern konkret an die historischen Exponate angebunden und mit diesen verknüpft, oft auch bewusst durch Kombination versteckt.
Geheime Fächer und Clara am Telefon
Auf den ersten Blick scheint sich gar nicht viel geändert zu haben. Insgesamt gibt es jedoch zwölf neue, mit modernster Computertechnik ausgestattete Stationen, darunter sieben Touchscreens, die in neugeschaffenen ‚Geheimfach‘-Schubladen verborgen sind. Auf ganz unterschiedliche Weise vertiefen sie Themen der in den Vitrinen darüber ausgestellten Objekte – bis hin zum Computer-Schach gegen Schumann.
Der Kniff: In Anlehnung an das originale Mobiliar, das aus dem Besitz Robert und Clara Schumanns seit 1910 nach Zwickau gelangt war, wurden für das 1956 eröffnete Robert-Schumann-Haus speziell dazu passende Vitrinen im Biedermeierstil angefertigt, um darin die kostbarsten Stücke der Sammlung zu präsentieren. Ganz spezifische aus den vorhandenen Museumsobjekten und aktuellen Forschungen gewonnene Vermittlungsideen gaben den Anstoß zur Entwicklung und Programmierung neuer, speziell für die Ausstellung konzipierter digitaler Geräte. So kann der Besucher auf Entdeckungstour gehen.
Eine ähnliche Verknüpfung von Historie und Moderne bietet sich den Besuchern an einem originalen Siemens & Halske-Telefon, wie es Clara Schumann in den 1890er Jahren in ihrem Haus hatte. Dieses ist mit einer Clara-Schumann-KI bestückt, so dass Museumsbesucher mit der Pianistin und Komponistin telefonieren können.
Mit Augmented Reality Robert Schumann begegnen
Was aussieht wie ein Stereoskop – eine Erfindung, bei der man um 1850 Bilder mit 3D-Effekt betrachten konnte – ist eine AR-Brille, durch die beim Blick in Schumanns Geburtszimmer der Komponist als Avatar beobachtet werden kann.
Im Gehäuse eines Tafelklaviers des 19. Jahrhunderts versteckt sich ein mit MIDI-Technik programmiertes Leuchttastenkeyboard, an dem Besucher die Melodie von Schumanns „Von fremden Ländern und Menschen“ spielen können und dabei von der Clara-Schumann-Schülerin Fanny Davies begleitet werden, die dieses Stück 1909 auf einer Papierrolle für Klavierautomaten einspielte. Und auch ein solcher über 100 Jahre alter Klavierautomat ist Teil der erneuerten Dauerausstellung, wo Besucher erleben können, wie Freunde von Robert und Clara Schumann mit „Geisterhand“ in die Tasten greifen und die pianistische Interpretationskunst des 19. Jahrhundert zu neuem Leben erweckt wird.
Der Konzertsaal wird mit regelmäßigen Vorführungen der vor über 50 Jahren im Robert-Schumann-Haus gedrehten Szenen des Polizeiruf 110-Klassikers: „Konzert für einen Außenseiter“ zum Museumskino. Nicht zuletzt gibt es auch bedeutende Neuerwerbungen zu sehen, vom Federmesser Robert Schumanns, einem Tafelklavier aus der Instrumentenhandlung von Friedrich Wieck und dem Siegelstempel Clara Schumanns über das silberne Teeservice bis zu einem Originalgemälde des Geigerfreunds Joseph Joachim.
Großer Dank an Fördermittelgeber und Unterstützer
Ein großer Dank gilt dem Bundesbeauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Kulturraum Vogtland-Zwickau sowie der Robert-Schumann-Gesellschaft Zwickau e.V. Ohne die großzügige Unterstützung mit Fördermitteln wäre die Realisierung dieses Projektes nicht möglich gewesen.
Die Neuerungen im Überblick
Mit den folgenden neun Neuerungen wird der Museumsbesuch bei Schumanns zum Erlebnis:
Smartphone-Führung ersetzt Audioguides
Besucher haben mit dem eigenen Smartphone im Museum die Wahl zwischen Führungsangeboten in verschiedenen Sprachen und verschiedenen Längen. Es gibt Sonderführungen für Kinder, Sehbehinderte und Gehörlose sowie in Leichter Sprache. Oder man kann sich selbst von einem Ausstellungsobjekt zum anderen durch die Räume klicken, sich vertiefende Informationen oder Übertragungen von Handschriften anzeigen lassen und die zugehörigen Musikbeispiele anhören. Also: Beim Museumsbesuch möglichst auch Kopfhörer einpacken!
Geheimfächer erschließen spannende Details
Sieben der unter Denkmalschutz stehenden Biedermeierstil-Vitrinen aus dem Eröffnungsjahr des Museums 1956 haben Schubfächer erhalten. Sie sind mit Touchscreens ausgestattet worden, die auf vielfältige und ungewöhnliche Weise die ausgestellten Originalgegenstände vermitteln. So geht es anlässlich der Dokumente zur Russlandreise 1844 um die Frage „Wie reisten Robert und Clara Schumann?“, es gibt Videos von 1936 und 2007 zum mittlerweile ausgestorbenen Handwerk des Notenstichs und eine jeweils wechselnde Musikalische Lebensregel des Tages von Robert Schumann. Junge Besucher können sich an einem digitalen Bilderrätsel zu Schumanns Kinderstücken versuchen und Schach-Fans an einem Schachcomputer auf Basis der von Schumann in seinem Tagebuch aufgezeichneten Endspielstellungen „Schach gegen Schumann“ spielen.
Mit Augmented Reality Robert im Geburtszimmer begegnen
Schon zur Schumann-Zeit gab es 3D-Brillen, sogenannte Stereoskope, mit denen man spezielle Foto-Aufnahmen räumlich betrachten konnte. Äußerlich sahen diese um 1850 neuartigen optischen Geräte heutigen AR- oder VR-Brillen frappierend ähnlich. So lag es nahe, die beiden Erfindungen zu kombinieren: Wenn Besucher durch das mit AR-Technik bestückte Stereoskop in Robert Schumanns Geburtszimmer schauen, können sie dort einen Schumann-Avatar durch das Zimmer geistern sehen. Der wurde in konkreter Anlehnung an die mittlerweile vier bekannten Ganzkörper-Portraits Robert Schumanns und auf Basis von in Erinnerungen von Freunden und Zeitgenossen beschriebenen typischen Haltungen und Bewegungen programmiert.
Clara Schumann am Telefon
Seit 1890 war Clara Schumann in ihrem Haus in Frankfurt am Main mit der Telefonnummer 1090 ans Frankfurter Ortsnetz angeschlossen. Auf Grundlage der ca. 750 Briefe, die Clara Schumann an Robert Schumann und Johannes Brahms schrieb (und die in den letzten Jahren im Rahmen der vom Robert-Schumann-Haus Zwickau initiierten Schumann-Briefedition erstmals komplett veröffentlicht wurden), programmierten Studierende der Westsächsischen Hochschule Zwickau in einem von Prof. Dr. Sven Hellbach betreuten Projekt eine Clara-Schumann-KI. Diese wurde in ein historisches Siemens & Halske-Telefon aus den 1890er Jahren eingebaut. So können Besucher im Museum jetzt mit Clara Schumann telefonieren. Nach Abnehmen des Hörers spricht der Museumsbesucher zunächst mit dem Fräulein vom Amt und kann sich dann mit „Frau Dr. Schumann“ verbinden lassen und sie fragen, was er schon immer über Robert und Clara Schumann wissen wollte.
Der Ton macht die Musik – Stimmtöne im Vergleich
An einer Stimmgabelstation lassen sich die regional verschiedenen Tonhöhen im 19. Jahrhundert mit der heutigen Orchesterstimmung vergleichen. Der von einer Stimmgabel produzierte Ton entspricht im Prinzip einer Sinusschwingung, wie sie Grundlage jeglicher digitalen Musikerzeugung am Computer ist. Ausgangspunkt zu dieser interaktiven Station war der Erwerb einer Stimmgabel aus dem Besitz Friedrich Wiecks. Um 1850 kritisierte dieser die steigende Stimmtonhöhe und setzte sich für eine tiefere Normstimmung ein; seine Tochter Clara Schumann klagte über die zu hohe Stimmung beispielsweise in England.
Museumskino – Polizeiruf 110
Eine Zeitreise ganz eigener Art bieten zwei täglich gezeigte Ausschnitte aus dem 1973 im Robert-Schumann-Haus Zwickau gedrehten Polizeiruf 110-Klassiker Konzert für einen Außenseiter. Der Rundgang durchs Museum von der Kasse bis zum Geburtszimmer zeigt den Zustand vor über 50 Jahren. Die Hauptrolle spielt Christian Steyer, heute vor allem bekannt als Sprecher der MDR-Doku-Soap Elefant, Tiger & Co. Er versucht, eine wertvolle Schumann-Handschrift aus dem Museum zu rauben.
Klavierspiel von Geisterhand
Die Leipziger Firma Hupfeld entwickelte wenige Jahre nach dem Tod Clara Schumanns um 1900 Klavierautomaten („Phonola), die durch Lochstreifenrollen zum Spielen gebracht werden konnten. Pianisten, die mit Clara und Robert Schumann befreundet waren, produzierten auf einem speziellen Aufnahmeflügel solche Notenrollen. Auf einem mit solcher Technik versehenen Flügel von Grotrian-Steinweg, der von Clara Schumann in ihren letzten Lebensjahrzehnten bevorzugten Braunschweiger Klavierbaufirma, greifen die vor über 100 Jahren gestorbenen Pianisten nun „von Geisterhand“ erneut in die Tasten. Besucher können die ganz besondere Klavierspielkunst dieser Zeit erleben – unplugged, ohne Elektrizität!
Spiel mit Von fremden Ländern und Menschen
Wer ist reaktionsschnell und drückt die aufleuchtenden Tasten? So kann jeder Besucher die Melodie des ersten Stücks aus Schumanns Kinderszenen „Von fremden Ländern und Menschen“ spielen. Und das Besondere: Die Begleitung dazu spielt Fanny Davies, eine Schülerin Clara Schumanns, die das Stück 1909 auf einer Klavierrolle eingespielt hat. Diese wurde gescannt und ins MIDI-Format konvertiert. Passend zum Gesamtkonzept ist das mit moderner Computertechnik ausgestattete Keyboard in einem historisch anmutenden Tafelklavier-Gehäuse des Dresdner Klavierbauers Rosenkranz versteckt.
Neuerungen auch im Treppenhausfoyer
Die 70 schönsten und originellsten Schumann-LP-Hüllen aus über 150 Jahren Schallplattengeschichte zeigen künstlerisch-kreativen Umgang mit Schumann-Portraits oder speziell durch Schumanns musikalische Werke inspirierte Umsetzungen. Die von der amerikanischen Performance-Künstlerin Janet Grau kreierte Medienstation mit Schumann-Multimedia-Angeboten wird ergänzt durch eine Station mit Möglichkeit zum digitalen Zugriff auf die sämtlichen Musik- und Textautographen Robert und Clara Schumanns im Bestand des Robert-Schumann-Hauses, die Schumann-Briefdatenbank sowie die Museums-Homepage.